Leidenschaft (er)leben und weitergeben

Man erkennt Stephan Deichsel sofort an seinem SCR Vereinsshirt, als er, hinter seiner schlichten Brille, auf die Ergebnislisten der vergangenen Rennen schielt. Er sucht nach den Endzeiten seiner Schützlinge, die bei den Special Olympics Landesspielen im Westbad antreten. Der 64 jährige berichtet stolz, dass er seit einigen Jahren die Stelle als Schwimmtrainer für die beeinträchtigten Sportler*innen der Bischof Wittmann Schule Regensburg von seinem älteren Vereinskollegen übernommen hat. Gerade schreibt er die 25m Freistil Zeit von Eduard Belser in seinem karierten Notizbuch auf. Der 19 jährige Sportler wird wohl bald nicht mehr bei Stephan trainieren, da er nun die Schule abschließt und eine Arbeit in der Holzabteilung in der Werkstatt in Lappersdorf beginnen wird. Eduard wurde schon die zweiten Special Olympics Landesspiele von Stephan betreut. Er fühlt sich wohl bei ihm. Und Sofia erzählt euphorisch: „Ich mag Stephan auch – er ist nie streng“, die auch im Schwimmteam trainiert und aufgrund ihrer geistigen Behinderung die gleiche Schule wie Eduard besucht. Mit ihren 14 Jahren wird sie allerdings noch bis zum Schulabschluss in die wöchentlichen Trainingseinheiten kommen. Schwimmen ist für die beiden das einzige und größte Hobby, berichten sie. Sie würden auch bei keinem anderen als Stephan trainieren wollen, geben sie zu.

Das Schwimmteam der Bischof-Wittmann-Schule (Bild: SOBY/Preß&Vorberg

Diese Leidenschaft furs Schwimmen teilt Stephan. Mittlerweile steht der Rentner fünf Mal in der Woche als Trainer am Beckenrand. „Ich mach’s nur deswegen, weil ich eine schöne Kindheit im SC hatte und das ist goldwert“. Stephan war selbst lange als Leistungsschwimmer im Schwimm Club Regensburg (SCR) “Masters Mannschaft” seines Vereins und fährt dort  zu Wettkämpfen mit, an denen er erfolgreich teilnimmt. Er möchte unbedingt weitergeben, was er damals erfahren durfte und, dass Schwimmsport eine Passion werden kann. Da seine Kinder selbst in den Leistungssportmannschaften des Vereins trainieren, hat er sich als Papa entschieden eher den Fokus auf die Breitensportler*innen und andere Aktionen im Verein zu legen. Die eigenen Kinder trainieren – das lässt er eher sein, gibt er schmunzelnd zu. Da kam ihm das Stellenangebot der Bischof Wittmann Schule sehr gelegen. Durch den Arbeitsaustritt hatte er sowieso mehr Zeit gewonnen, die er nun den schwimmbegeisterten Schüler*innen der Bischof-Wittmann-Schule widmen konnte. Die Jugendlichen des Förderzentrums mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung sind dankbar über die Trainingsstunde, die sie gemeinsam verbringen. „Die Kinder haben einen Heidenspaß“ gibt er zu und betont, dass es für sie einfach ein großes Gesamterlebnis ist bei den SOBY Landesspielen anzutreten. Man erkennt, dass sein Sportlerehrgeiz noch lange nicht gestillt ist. Mit leuchtenden Augen berichtet er von den Wettkampfleistungen seiner Breitensport Gruppe, die er neben den Schüler*innen trainiert. Auch dort schwimmen einige beeinträchtigte Sportler*innen zwischen 10 und 70 Jahren mit.

Ein Sportler, der während des Gesprächs einen Plüschhasen zwischen die Unterhaltung streckt oder einer der nach der Toilette fragt, können Stephan nicht aus der Ruhe bringen. Er hat einen lockeren, entspannten Umgang mit seiner Trainingsgruppe. Die Special Olympics Gruppe des Förderzenturms, wird zudem von einigen Lehrer*innen und Betreuer*innen der Bischof-Wittmann-Schule begleitet. Somit kann sich Stephan voll und ganz auf das Geschehen im Wasser fokussieren und gemeinsam mit den Mannschaften die Teilnehmenden der Landesspiele anfeuern.

 

Porträt: Milena Preß/Hannah Vorberg, Studierende der Universität Regensburg